ökologische landwirtschaft

Zum Verhältnis „regenerativ, ökologisch, konventionell“ in der Landwirtschaft

Zum Verhältnis „regenerativ, ökologisch, konventionell“ in der Landwirtschaft

Wir haben uns in einer kleinen Gruppe von Menschen Gedanken darüber gemacht, was eigentlich „regenerative Landwirtschaft“ für uns heisst. Daraus ist dann über einige Hin und Hers dieser Text hier entstanden (hier als PDF [1]). Gerne darüber diskutieren, austauschen: Welche Punkte siehst du genauso? Welche ganz anders?

Aufbauende Landwirtschaft e.V. / Netzwerk Klima-Landschaften; Autoren: Felix Löwenstein, Stefan Schwarzer, Jan-Gisbert Schultze, Sassa Franke, Sepp Braun

Zum Verhältnis Regenerativ – Ökologisch – Konventionell

Es gibt ein Ziel, das in der Landwirtschaft all diejenigen teilen, die nicht der Ansicht sind, es brauche sich nichts ändern: Ein System, das auch in 10.000 Jahren noch funktioniert, das die bereits verloren gegangenen Ressourcen unseres Ökosystems wieder herstellt und das die Nahrungsmittel für eine gesunde Ernährung der Weltbevölkerung sicherstellt. Für den Weg zu diesem Ziel kennen wir schon viele Pfade, noch mehr müssen entdeckt und entwickelt werden, manche, die wir heute für zielführend halten, werden wir auch wieder verlassen müssen. Dafür braucht es Engagement sowohl der landwirtschaftlichen Praxis und Wissenschaft, als auch der gesamten Gesellschaft.

Landwirte, die sich auf diesen Weg begeben, haben viele verschiedene Ausgangspunkte – z.B. weil die einen konventionell und die anderen ökologisch wirtschaften oder weil sie als individueller Betrieb unterschiedlich erfolgreich sind. Entsprechend ist die bereits zurück gelegte Strecke unterschiedlich lang.

Regenerative Landwirtschaft liefert ein Maßnahmenset für diesen Weg

Mit „Regenerative Landwirtschaft“ wird ein Set aufeinander abgestimmter und systemisch wirkender Maßnahmen beschrieben, das den Zweck hat, die Fruchtbarkeit des Bodens mit besonderem Fokus auf seinen Humusgehalt und die Funktionsfähigkeit natürlicher Ökosysteme wieder aufzubauen. In den einzelnen regenerativ wirtschaftenden Betrieben wird jeweils nur ein Teil dieser Maßnahmen umgesetzt – was sich schon alleine daraus ergibt, dass nicht alle Maßnahmen auf jedem Standort geeignet sind und dass neue Erkenntnisse dieses Set auch verändern.

Etliche solcher Maßnahmen werden im Ökologischen Landbau aufgrund der Anforderungen seiner Richtlinien umgesetzt, manche sind nicht Gegenstand dieser Anforderungen, auch wenn sie – je nachdem häufig oder selten – in ökologisch wirtschaftenden Praxisbetrieben umgesetzt werden. Für viele Ökobetriebe ist eine Verbesserung der regenerativen Wirkung ihrer Wirtschaftsform durch den zusätzlichen Einsatz solcher Maßnahmen möglich.

Etliche solcher Maßnahmen können auch in konventionellen Betrieben erfolgreich umgesetzt werden und diesen ebenfalls dabei helfen, „regenerativer“ im o.g. Sinne zu werden.

Etliche solcher Maßnahmen können auch in konventionellen Betrieben erfolgreich umgesetzt werden und diesen ebenfalls dabei helfen, „regenerativer“ im o.g. Sinne zu werden. Sie werden in der Regel die zentrale Maßnahme des Verzichts auf den Einsatz von chemisch-synthetischem Pflanzenschutz nicht anwenden – auch wenn wir sie wir in letzter Konsequenz für die Regeneration natürlicher Systeme für unabdingbar halten.

Regenerative Landwirtschaft ist kein Zertifizierungsstandard

Weil der Begriff „regenerativ“ nicht verbindlich beschrieben ist und weil bei etlichen der damit verbundenen Praktiken eine scharfe Abgrenzung auch gar nicht möglich ist, gibt es keinen Standard, der Grundlage einer Zertifizierung sein könnte. Dies gilt umso mehr, wenn in einzelnen Definitionen beispielsweise die Haltungsformen für landwirtschaftliche Nutztiere oder die Verarbeitung von Lebensmitteln nicht Gegenstand der Überlegungen zu regenerativer Landwirtschaft sind.

Es ist deshalb nicht der Anspruch, regenerativer Landwirtschaft, zur Bio-Zertifizierung (im Sinne von „regenerativ ist das neue Bio“) in Konkurrenz zu treten oder sie zu ersetzen. Dies gilt für unser Verständnis von Regenerativer Landwirtschaft auch dann, wenn andernorts (z.B. USA) ein Zertifizierungsstandard mit einem Label für einen eigenen Marktzugang eingeführt werden sollte.

Regenerative Landwirtschaft ist ein Werkzeug für die Transformation der Landwirtschaft

Der Einsatz von Methoden regenerativer Landwirtschaft durch konventionelle Landwirte erschließt diesen auch Entwicklungspfade, die in eine Umstellung zum Ökologischen Landbau münden können. Selbst bei Erreichung der ehrgeizigen Ausbauziele für den Ökolandbau in der EU (25% bis 2030) oder der Bundesregierung (30% bis 2030) wird jedoch der weitaus größte Teil der Betriebe konventionell bleiben. Die Erfordernis, den Zustand unserer Umwelt und ihrer Ökosysteme so, wie es in allgemeinen Politikzielen zu Biodiversität, Klima oder auch Bodenzustand niedergelegt ist, zu verbessern, macht es unabdingbar, dass auch die konventionelle Landwirtschaft sich entscheidend verändert. Dazu will die Regenerative Landwirtschaft beitragen. Dies kann auch der Ökologische Landbau, weil seine Richtlinien-Restriktionen ihn zwingen, innovative Lösungspfade zu entwickeln, die nicht gefunden werden, wenn man sie sich wegen der Abkürzung über den Weg chemisch-synthetischer Hilfsstoffe spart.

 

[1] https://aufbauende-landwirtschaft.de/wp-content/uploads/2023/08/Zum-Verhaeltnis-Regenerativ-Oekologisch-Konventionell.pdf

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Zur Frage der Unterschiedlichkeit oder Ähnlichkeit von regenerativer und ökologischer Landwirtschaft

Zur Frage der Unterschiedlichkeit oder Ähnlichkeit von regenerativer und ökologischer Landwirtschaft

Letztens gab’s einen kleinen Austausch zur Frage der Unterschiedlichkeit oder Ähnlichkeit von regenerativer und ökologischer Landwirtschaft in einer Facebook-Gruppe, ausgelöst durch ein Präsentation/Auslegung zu dem Thema auf Youtube. Dazu habe ich dann spontan einen etwas längeren Kommentar geschrieben, allerdings nur auf die Schnelle und ohne Recherche oder Nachweise. Aber da er meine derzeitige Sichtweise ganz gut wieder gibt, und sicherlich Stoff für Diskussion/Austausch/Fragen/Ergänzungen/anderen Sichtweisen liefern könnte, wollte ich ihn hier nochmal wiedergeben:

»Ui, ein weites Feld, würde ich meinen. Es gibt ja keine einheitliche Definition von RegAg. Klar scheint zu sein: Während Bio mit Input-basierten Regeln arbeitet (man darf nur dies und jenes nutzen), ist RegAg Output-basiert – hier geht es v.a. aber nicht nur um Bodengesundheit. Als Vorbild dienen hier Muster in der Natur.

Meist werden die 5 Prinzipien genannt: Schutz der Bodenoberfläche, Minimierung der mechanischen Störung, Pflanzenvielfalt, Dauerhaftes Pflanzen-Wurzel-Netzwerk, Integration von Vieh. Aber es gibt manchmal noch andere Prinzipien. Wie man diese Prinzipien realisiert bleibt dem Landwirt selbst überlassen.

Zwar braucht auch die Umstellung von konventionell auf Bio eine gewisse, manchmal wohl mehr oder weniger ausgeprägte, Veränderung der Philosophie, des Verständnisses und Bewusstsein über die Natur; aber der Schritt hin zu RegAg ist vielleicht noch mal ein deutlichere Veränderung zu einem anderen Bewusstsein über die natürlichen Zusammenhänge und Lebensphilosophie.

RegAg in anderen Ländern wie den USA wird ja mittlerweile auch von Nestle, McDonalds und CO »okkupiert« und genutzt. Ob mit oder ohne sie gibt es – weil es eben auch keine Verbote gibt – eben doch auch noch oft mit Glyphosat oder anderen Herbiziden gearbeitet, und das Ganze dann als RegAg verkauft. Schliesslich setzt man statt einer zweijährigen-Fruchtfolge (Mais, Soja) dann auch auf auf eine drei- oder vierjährige, was in den USA schon oft ein großer Fortschritt ist. Aber natürlich gibt’s da wirklich auch wunderbare Fortschritte, mit weiten Fruchtfolgen, Zwischenfrüchten (ja auch nicht unbedingt so üblich in den USA) und Untersaaten. Auch der hochgelobte USA-Guru der RegAg-Szene Gabe Brown nutzt übrigens diese Hilfsmittel (Herbizide) immer noch ab und an. Und das mag in einer Übergangsphase ja auch durchaus noch sinnvoll für einen Betrieb sein. Aber eben Vorsicht: RegAg ist ein nicht geschützter Begriff und wird – so meine Hypothese – in einigen Jahren den Weg gehen, den die »Nachhaltigkeit« auch gegangen ist. Gibt ja mittlerweile tolle »nachhaltige Produkte« oder »nachhaltiges Management«, wo man nur noch mit dem Kopf schütteln kann.

Interessant ist da die Entwicklung des »Regenerative organic certification« Labels, vom Rodale Institute, u.a. mit Patagonia, entwickelt. Dieses Label nimmt die Bio-Landwirtschaft als Grundvorraussetzung für die Zulassung für das Label. Und hat dann aber noch einige zusätzliche Parameter, die weit über Bio-Regeln hinausgehen – aber eben auch hier wieder mehr Output- als Input-orientiert sind. Neben Bodengesundheit und Land-Management, stehen groß das Tierwohl und die Landwirt- und Arbeiter Fairness im Vordergrund. Das geht meiner Ansicht nach doch noch deutlich weiter als fast alle Bio-Richtlinien – aber ich bin da kein Experte.«

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