Agroforst: Ein Schlüssel für Klimaanpassung, Bioökonomie und nachhaltige Landwirtschaft
Agroforstsysteme bieten der kommenden Bundesregierung ein großes Potenzial, um zentrale Herausforderungen der heutigen Landwirtschaft und Klimapolitik zu bewältigen. Durch die Integration von Gehölzen in landwirtschaftliche Flächen entstehen Synergien, die sowohl die betriebliche Stabilität als auch die ökologische Resilienz stärken.
Ein zentraler Vorteil liegt in der Bereitstellung von Rohstoffen und Nahrungsmitteln für eine aufstrebende Bioökonomie, für die Mittel- und Spitzlast in der kommunalen Nahwärmeversorgung und den steigenden Bedarf nach regional erzeugten Lebensmitteln.
Angesichts des steigenden Holzbedarfs sowohl in der Industrie als auch in der kommunalen Wärmeplanung bietet die Rohstoffproduktion durch Agroforst eine bedeutende volkswirtschaftliche Chance.
Gleichzeitig verbessert diese effiziente Form der Landnutzung die Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft an den Klimawandel. Durch den Schutz vor Bodenerosion, sowie die Förderung von Taubildung können Agroforstsysteme mit einer Ertrags-stabilisierenden Wirkung dazu beitragen, die Lebensmittelversorgung auch bei zunehmenden Extremwetterereignissen zu sichern. Die vielfältigen Ökosystemleistungen – von Mikroklima, über Wasserkreislauf, Biotopverbindungen, bis hin zum Aufbau von Humus – stellen somit einen hohen gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Nutzen dar.
Agroforst stärkt die heimische Landwirtschaft, indem es durch den Verkauf von Holz, Früchten und Klimaschutz-Zertifikaten eine stabilisierende Diversifizierung der betrieblichen Einnahmequellen ermöglicht – auch für kleinere Betriebe.
Nicht zuletzt ist Agroforst eine effektive Kohlenstoffsenke. Ohne in direkte Flächenkonkurrenz zu treten, können durch Agroforstsysteme jährlich etwa 10 Tonnen CO, pro Hektar und Jahr‘ gebunden werden. Bei weitreichender Umsetzung und guten politischen Rahmenbedingungen ließe sich so innerhalb der nächsten zehn Jahre eine CO,-Reduktion von etwa 2 Millionen Tonnen pro Jahr realisieren – ein wertvoller Beitrag zum Klimaschutz.
Fehlende Rahmenbedingungen bremsen Agroforst in Deutschland
Obwohl Agroforstsysteme ein enormes Potenzial für Klimaschutz, Bioökonomie und die Stabilisierung der Landwirtschaft bieten, fehlen bislang die notwendigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um ihre breite Umsetzung zu ermöglichen.
Ein zentrales Problem ist der hohe bürokratische Aufwand bei bestehenden Förderprogrammen. Viele Landwirtinnen und Landwirte scheuen die Antragstellung, da die Verfahren zu komplex und aufwändig sind. Hinzu kommt eine erhebliche Rechtsunsicherheit, da Agroforstsysteme bislang nicht immer als eindeutiger Teil der landwirtschaftlichen Bodennutzung aufgefasst werden.
Auch die in wenigen Bundesländern verfügbare Investitionsförderung ist unattraktiv gestaltet.
Die Förderbedingungen sind in vielen Bundesländern sehr unterschiedlich und die Berechnung der Förderhöhen ist praxisfern. Die geringe Nachfrage nach staatlichen Förderprogrammen ist daher kein Zeichen mangelnden Interesses, sondern vielmehr ein direktes Resultat der komplexen Förderbedingungen.
Für viele Betriebe ist das initiale finanzielle Investitionsrisiko nach wie vor zu hoch, um Agroforst als wirtschaftlich tragfähige Option in Erwägung zu ziehen.
Ein gezielter Anfangsimpuls durch bessere rechtliche Rahmenbedingungen und eine optimierte Gestaltung der bestehenden Förderinstrumente ist notwendig, damit Agroforst in Deutschland sein volles Potenzial entfalten kann. Die Kombination aus öffentlicher Bestandsförderung, wachsender Nachfrage nach regionalen Lebensmitteln, Biomasse und Holz sowie einem aufstrebenden Markt für CO,- und Biodiversitätszertifikate schafft die Grundlage für eine wirtschaftliche Eigendynamik der Agroforstwirtschaft.
Dies würde nicht nur landwirtschaftliche Betriebe wirtschaftlich stärken, sondern zugleich gesellschaftliche Vorteile wie Kohlenstoffbindung und Ertragssicherheit fördern.
Handlungsempfehlungen für die kommende Bundesregierung
Die kommende Bundesregierung hat die Chance, Agroforst als wichtigen Baustein einer nachhaltigen Landwirtschaft und Klimapolitik voranzubringen. Ein erster entscheidender Schritt wäre die Ausräumung rechtlicher Unsicherheiten durch die eindeutige Anerkennung von Agroforstsystemen als Teil der landwirtschaftlichen Bodennutzung in allen relevanten Rechtsbereichen.
Darüber hinaus sollten die bereits allokierten finanziellen Mittel aus dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) für Agroforst durch ein unbürokratisches, nationales Sofortprogramm für Agroforst effizient genutzt werden. Vergleichbar mit einmaligen Programmen wie der Investitionsförderung von Maschinen zur Stärkung der natürlichen Bodenfunktionen könnten Anfangsinvestitionen in Agroforst für Landwirtinnen und Landwirte unterstützt werden.
Zudem sollte die Bestandsförderung für bestehende Agroforstflächen als klares politisches Signal erhalten bleiben. In enger Zusammenarbeit mit Praktikerinnen und Praktikern gilt es, bürokratische Hürden weiter gezielt abzubauen, um Agroforst in der Breite wirtschaftlich tragfähig zu machen.
Viele Organisationen und Verbände bestätigen Deutschlands Chance für eine wachsende Agroforstwirtschaft 2025.
Dieser Aufruf wurde koordiniert von der gemeinnützigen Organisation ProjectTogether. Der Inhalt ist entstanden in partizipativen Workshops und Gruppengesprächen zwischen verschiedensten praxisnahen Experten der
Agroforstwirtschaft und Verbandsmitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Agroforst Jetzt! ist ein zeitlich beschränktes Zusammenkommen verschiedener Organisationen für einen Startimpuls der Agroforstwirtschaft. Mehr Informationen
auf www.agroforst.jetzt